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Zunächst ist der Begriff Biometrik zu definieren.
Er setzt sich aus den Bestandteilen Biologie und Metrik
zusammen, diese werden im Folgenden genauer untersucht.
[LaFr]
- 1. Wissenschaft von den Lebewesen und den Gesetzmäßigkeiten des Lebens
- 2. Beschaffenheit eines Lebewesens
- 3. der Natur entsprechende Beschaffenheit
[Teu96][S.254]
Der mathematische Begriff Metrik verallgemeinert das Verhältnismaß Abstandauf beliebige Mengen:
Eine nichtleere Menge heißt genau dann ein metrischer Raum, wenn jedem geordneten Paar von Punkten und aus stets eine reelle Zahl
zugeordnet wird.
heißt Abstand oder Distanz zwischen den Punkten und . Für alle
muß gelten:
- (M1) Der Abstand zwischen und ist gleich dem Abstand und (Symmtrie).
- (M2) Der Abstand zwischen und ist kleiner oder gleich der Summe der Abstände zwischen und (Dreiecksungleichung).
- (M3) Wenn der Abstand zwischen und gleich null ist, folgt daraus, dass und gleich sind.
genau dann, wenn
Eine Menge, auf die eine Metrik definiert wurde, heißt metrischer Raum.
beschreibt eine
Klasse von sogenannten biometrischen Algorithmen, die eine computergestützte
Vergleichbarkeit von verschiedenen digitalen Aufzeichnungen biologischer
Personenmerkmale herstellen. Biometrische Algorithmen spannen einen metrischen
Raum auf, in dem die Abstände verschiedener biometrischer Merkmale mathematisch
eindeutig definiert sind. Daraus resultiert die folgende Definition:
Biometrischer Algorithmus : Ein Verfahren, das aus einem biologischen
Merkmal, eine vergleichbare Kenngröße generiert. Diese Kenngröße heißt
biometrische Signatur . [Barg02][S.6]
Die Eignung eines biometrischen Algorithmus wird daran gemessen, dass die
Signaturen zweier unterschiedlicher Abbildungen desselben biologischen Merkmals
nahe beieinander liegen, während der Abstand der Signaturen zweier verschiedener
biologischer Charakteristika groß sein sollte.
Man hat festgestellt, dass sich eine Vielzahl an unterschiedlichen biologischen
Merkmalen für die Biometrik eignen könnten.
Diese Merkmale haben folgende Eigenschaften:
- Eindeutigkeit für jede Person: Es können nur biologische Merkmale
, welche sich zwischen einzelnen Personen deutlich unterscheiden, für
biometrische Anwendungen herangezogen werden. Dabei müssen diese Merkmale auch
bei eineiigen Zwillingen genug Varianz erzeugen. Nur so kann zugesichert werden,
dass für zwei Individuen auch unterschiedliche biometrische Signaturen vorliegen.
- Unveränderlichkeit: Je nachdem welches Anwendungsfeld der
Biometrik betrachtet wird, kann die Forderung, dass sich die biologischen Merkmale
gar nicht oder zumindest in einer akzeptablen Toleranz verändern, notwendig
sein.
Sinnvolle weitergehende Forderungen sind:
- Technische Eignung: Das Merkmal hat hinsichtlich
der Messmethode, Messdauer und Messkosten technisch geeignet zu sein.
- Anwender Akzeptanz: Die Messmethode und das Merkmal sollten
akzeptabel für die Anwender sein. Insbesondere darf es zu keinerlei
Beeinträchtigung der Gesundheit kommen.
- Merkmalverbreitung: Das
Merkmal sollte weit verbreitet, dass heißt, bei fast allen potenziellen Nutzern
vorhanden sein.
Bei der Klassifizierung biologischer
Merkmale unterscheidet man zwischen phänotypischen und
genotypischen Merkmalen.
- Phänotypisch
- Die Ausprägungen
phänotypischer Merkmale werden von den Erbanlagen und auch von den
Umwelteinflüssen, denen der Träger zu einem früheren Zeitpunkt seiner
Entwicklung ausgesetzt war, bestimmt. Dieses führt dazu, dass diese Merkmale
sich auch bei Menschen mit den selben Erbanlagen unterscheiden. Ein Beispiel für
phänotypische Merkmale sind die Strukturen der menschlichen Iris. [Barg02][S.8]
- Genotypisch
- Die Erscheinung genotypischer Merkmale ist vollständig durch die Erbanlagen des
Trägers festgelegt. Dieses führt dazu, dass genotypische Merkmale bei eineiigen
Zwillingen die gleiche Signatur erzeugen. Ein Beispiel für ein genotypisches
Merkmal ist die DNA eines Menschen. [Barg02][S.8]
Wie man schon an den Beispielen sieht, nimmt ein biometrisches
System physiologische und/oder verhaltenstypische Merkmale einer Person auf. Zu
den physiologischen Merkmalen gehören statische Körpermerkmale, wie bei der
Finger-, Gesichts- oder Iriserkennung. Verhaltenstypische Merkmale hingegen
beschreiben dynamische Kennwerte. Diese werden meist aus einem zeitlichen
Verlauf von statischen Merkmalen erzeugt. Unterschriftensysteme erfassen nicht
nur das Bild der Unterschrift, sondern auch deren Erzeugung. Dabei zeichnen
sie den Druck und die Schreibgeschwindingkeit des Stiftes auf.
Ein biometrisches System kann zur Erhöhung der Sicherheit mehrere
biometrische Indikatoren heranziehen. Eine Möglichkeit wäre es,
Gesichtserkennung mit zusätzlicher Sprach- und Fingererkennung zu koppeln. Nur
wenn diese drei, für sich genommen autonome Verifikationsverfahren, positiv
übereinstimmen, wird das Gesamtsystem ein positives Feedback liefern. Hierbei
unterscheidet man den zeitlichen Verlauf der Aufzeichnung der biometrischen
Rowdaten:
- Monomodal: Jedes biometrische Merkmal
wird zeitlich nacheinander aufgezeichnet und eventuell verarbeitet.
- Multimodal: Alle biometrischen Merkmale werden gleichzeitig
erfasst und eventuell auch verarbeitet.
[Barg02][S.9]
Die Ergebnisse der Anwendung eines biometrischen Algorithmus auf
unterschiedliche Aufnahmen desselben Merkmals (beispielsweise verschiedene
Bilder derselben Iris) sind i.A. nicht zu 100 Prozent identisch, sondern liegen nur
nahe beieinander. Aus diesem Grund muss ein biometrischer Algorithmus innerhalb
eines gewissen Toleranzrahmens Signaturen als zu demselben Merkmal (bzw. zu
demselben Träger) gehörend erkennen. Ähnliche Signaturen werden als
gleichund Signaturen, deren Abstand außerhalb des Toleranzrahmens
liegt, als unterschiedlich bewertet. Die Festlegung dieses
Toleranzrahmens besitzt signifikanten Einfluss auf die Güte eines biometrischen
Algorithmus. Legt man den Toleranzrahmen zu großzügig fest, kann es leichter zu
Fehlurteilen kommen, ist er zu eng gewählt, kann es passieren, dass auch der
Träger der Signatur nicht korrekt erkannt wird (z.B. bei zu schlechter Qualität
der Bilddaten).
In diesem Zusammenhang spricht man von zwei Kenngrößen: der FAR
und der FRR.
- False Acception Rate (FAR): Bezeichnet die Rate der
fehlerhaften Zuordnungen einer Signatur zu einem Träger. Je höher also die FAR,
desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Betrüger erfolgreich eine
falsche Identität vortäuschen kann.
Die FAR berechnet sich wie folgt:
Wobei NFA (Number of False Acceptances) die Anzahl der fälschlich
Akzeptierten und NIA (Number of Imposter Attempts) die Gesamtzahl der
unberechtigten Zutrittsversuche angibt.
- False Rejection Rate (FRR): Bezeichnet
die Rate der fehlerhaft fehlgeschlagenen Zuordnungen von Signaturen, also die
Wahrscheinlichkeit, mit der z.B. einem Kontobevollmächtigten der Zugriff
verweigert wird. Die FRR berechnet sich wie folgt:
Wobei NFR (Number of False Rejections) die Anzahl der fälschlichen Rückweisungen
und NEA (Number of Enroll Attempts) die Gesamtzahl der berechtigten
Zutrittsversuche angibt.
Die Kenngrößen FAR und FRR sind von einander abhängig. Eine
Verbesserung der einen Größe hat im Allgemeinen eine Verschlechterung der
anderen zur Folge. Wenn der Toleranzrahmen für die Signaturen eingeengt wird,
führt dieses z.B. zu einer niedrigeren FAR, da das Kriterium für die Erkennung
einer Signatur verschärft wurde. Es resultiert aber ebenso in einer Erhöhung der
FRR, da nun auch die Anforderungen an die Aufnahme des Merkmals erhöht wurden.
Durch geschickte Parameterwahl kann man die FAR oder die FRR so anpassen, dass
der Wert über oder unter einer bestimmten festgelegten Grenze fällt.
Deswegen muß das Verhältnis von FAR und FRR mitbetrachtet werden um,
ein biometrisches System zu beurteilen.
Trägt man das Verhältnis von FAR/FRR zu der Zulassungstoleranz in ein Diagramm
ein, kann man einen Schnittpunkt sehen.
Figure 1:
FAR/FRR
|
Im Schnittpunkt der beiden Kurven von FAR und FRR gilt die Gleichung FAR=FRR.
Diesen Schnittpunkt bezeichnet man Equal Error Rate (EER).
Die Güte eines biometrischen Systems kann man mit dieser beschreiben.
Es sollte aber beachtet werden, dass es möglich ist, jeweils einen der Werte
(FAR/FRR) zu minimieren. Deswegen muss bei biometrischen Systemen, das
Einsatzgebiet mit betrachtet werden.
Bei einem Geldautomat wird man versuchen, die FRR, bei noch tolerierbaren FAR,
zu minimieren. Denn keine Bank könnte ihren Kunden zumuten, dass sie beim
Vorgang des Geldabhebens nicht als legitimer Kontobesitzer authorisiert
werden.
Anderseits wird es eher akzeptiert, das berechtigte Personen nicht in
Hochsicherheitsbereiche kommen, als das ein unberechtigter Zugang erhält.
Zusätzlich zu der EER kann man noch eine weitere Kenngröße
spezifizieren ARE. Dabei betrachtet man die Umgebung von EER. Besitzen
die FAR- und FRR-Kurve ein großes Tal und die Kurven steigen/fallen langsam an, so
wird dieses System im praktischem Einsatz eine kleinere Fehlerrate aufweisen.
Steigen/fallen die beiden Kurven stark an, so dass sich das Tal verkleinert, dann
kann man davon ausgehen, dass sich die Fehlerrate erhöht.
ARE ist definiert als ein Fläche, die von den zwei Fehlerkurven, sowie
einer Waagerechten eingeschlossen wird. Die Waagerechte ist definiert durch:
Je größer die Fläche, desto einfacher kann die optimale Zulassungstoleranz für
ein System geschätzt werden. Bei gleicher Fehlerrate ist das System mit dem
größeren ARE-Wert zu bevorzugen.
Figure 2:
ARE
|
Biometrische Verfahren lassen sich in ihrer Anwendung in zwei Klassen
einteilen, Verifikation und Identikation. Obwohl diese
beiden Klassen zunächst sehr ähnlich erscheinen, ergeben sich jedoch Unterschiede bei der Anwendung für den Nutzer.
- Biometrische Verifikation: Ein Authentikationssystem ist ein
Prozess, bei dem es darum geht, eine zuvor angegebene Identität zu überprüfen.
Durch die erzeugte biometrische Signatur weist das Subjekt dem System nach, dass
er wirklich die Person ist, welche er vorgibt zu sein.
Es findet also ein 1:1 Vergleich statt. Das Authentikationssystem sucht
nicht das passende Referenztemplate in seiner vorgehaltenen biometrischen
Siganturdatenbank, sondern weiß anhand der Identität, welches
Referenztemplate es zur Verifikation benutzen soll.
- Biometrische Identikation: Ein Identikationssystem ist ein
Prozess, bei dem die Aufgabe besteht, anhand einer erzeugten biometrischen
Signatur, die zugehörige Person (Identität) zu ermitteln. In diesem Fall muss
die zu überprüfende biometrische Signatur mit der gesamten Datenbank aller in
Frage kommenden biometrischen Signaturen verglichen werden. Sollte eine
hinreichende Übereinstimmung der aufgenommenen biometrischen Signatur mit einem
Referenztemplate festgestellt werden, so läßt sich diese biometrische Signatur
einem Subjekt zuordnen.
Es findet ein 1:n Vergleich statt.
Dabei kann man unterscheiden, ob durch die erfolgreiche Identikation das
erkannte Subjekt anonymisiert ist oder mit Zusatzinformationen schon voher
einmal erfasst wurde. Es ist ein wesentlicher Unterschied, ob man zuvor
biometrisch erfasste Straftäter auf öffentlichen Plätzen zu erkennen versucht,
oder Kundentracking in einer Einkaufsstrasse macht. Bei letzteren kann
man zwar das Subjekt wiederfinden, aber keine weitergehenden
Informationen zu der Identität des Subjekts abrufen.
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